Allgemein Politik Wirtschaft Wohnen

Oltner Energiebürokratie

Olten leistet sich eine teure Energiebürokratie bei der Zulassung von Photovoltaik-Anlagen

Über den Autor:

Kurz zu mir: Ich bin GRÜNER Gemeinderat von Wangen b. Olten, dazu Co-Geschäftsführer der Selbstbaugenossenschaft SolAar. In dieser Funktion habe ich es immer wieder mit Photovoltaik-Anlagen in Olten zu tun, daher schreibe ich auch diesen Artikel. Ausserdem war ich selbst von dieser Sache betroffen.

Hohe zusätzliche Kosten beim Bau meiner PV-Anlage

4000 Franken – das ist der Betrag, den ich 2017 beim Bau meiner eigenen Photovoltaikanlage in Wangen b. Olten aufgrund zweier Bestimmungen der Aare Energie AG (a.en) zusätzlich ausgeben durfte. Damals war das Stromnetz der a.en noch viel grösser, es umfasste auch grosse Teile des Niederamts rund um Olten.

Drei Monate später übernahm die Primeo AG das Netz der Aare Versorgungs AG (AVAG) – die zusätzlichen Ausgaben waren damit umsonst gewesen – herausgeworfenes Geld, denn die Primeo kennt keine solchen Bestimmungen mehr, wie alle anderen Stromnetzbetreiber in der Schweiz ebenfalls nicht, wie ich bei einer Recherche feststellen durfte. Während wir in Wangen uns glücklich schätzen dürfen nun bei der unkomplizierten Primeo zu sein, ist das bei euch in Olten nicht der Fall. Bei euch gelten immer noch die alten Bestimmungen der TAB EEA (technische Anschlussbedingungen für Energie-Erzeugungsanlagen) der ae.n

Überall in der Schweiz sieht man es anders

Bestimmungen, welche die a.en ein bisschen anders als andere Schweizer Stromanbieter als Voraussetzung für den Bau einer Anlage festlegt. Damit überinterpretiert die ae.n meiner Meinung nach die Vorschriften und Branchenempfehlungen und erzwingt dadurch unnötige Mehrkosten beim Bau von Solaranlagen für die Anlagenbesitzer.

Weniger Steuereinnahmen

Da Photovoltaik-Anlagen im Normalfall auch von den Steuern abgezogen werden können, ergibt sich durch die Mehrkosten auch ein Verlust bei den Steuereinnahmen beim Kanton und der Stadt Olten. Beim derzeitigen Photovoltaik-Boom könnte das je nach Anzahl der gebauten Anlagen eine stattliche Summe an Steuergeldern sein, die damit weniger eingenommen werden, wir schätzen es auf eine hohe fünf- bis tiefe sechstellige Summe jedes Jahr.

Die zwei umschrittenen Vorschriften

Konkret handelt es sich um zwei Vorschriften aus den technischen Anschlussbestimmungen der a.en:

Einerseits wird beim Bau einer Solaranlage ein extern zugänglicher Schlüsselschalter gefordert, mit welchem die Anlage von aussen abgeschaltet und ein Wiedereinschalten verhindert werden kann. Diese Vorschrift verursacht Mehrkosten zwischen 500 – 2000 CHF, je nachdem wie kompliziert die Kabelführung nach draussen ist. Bei alten Gebäuden ohne Leer-Rohre kann das sehr sehr teuer werden.

Die zweite Vorschrift besagt, dass jede Anlage über eine 16-stufige Leistungssteuerung verfügen muss. Dies, damit die Möglichkeit besteht, die Anlage kurzfristig und ferngesteuert in ihrem Betriebsverhalten zu beeinflussen, sollte es zu einer Netzüberlastung kommen. Durch die Komplexität bei der Verkabelung und Logik gibt es Mehraufwand bei Solarteuer und Elektriker, der zwischen 500 – 1000 CHF zu liegen kommt. Ausserdem unterstützen diese 16 Stufen nicht alle Wechselrichter, dann wird es noch teurer, dazu mehr weiter unten.

Wie machen es die anderen?

Schlüsselschalter: Explizit so gefordert wird das in der Schweiz gesetzlich nicht, alle anderen Netzbetreiber verlangen nur einen Anlageschalter neben dem Wechselrichter, der nicht jederzeit öffentlich zugänglich sein muss. Laut von uns angefragten Experten erhöht ein externer Schalter die Sicherheit weder für die ae.n, noch für den Besitzer der PVA. Werden Wartungsarbeiten im Haus gemacht, so werden die Sicherungen herausgeschraubt, die PVA stellt dann automatisch den Betrieb ein, bei einem Notstrom-Betrieb bei Netzausfall ist dann sowieso nochmals alles anders, da ist das Hausnetz vom Verteilnetz des VNB mechanisch getrennt. Ein Anlagedrehschalter neben dem Wechselrichter mit klaren Anweisungen zum Abschalten ist viel praktikabler.

16-stufige Leistungssteuerung: Es genügt für Kleinanlagen bis 30KVA eine simple zweistufige EIN/AUS Steuerung. Die Primeo AG macht es zum Beispiel so, dass die grossen Anlagen mit einer vierstufigen Steuerung bei Netzproblemen zuerst heruntergeregelt werden, erst ganz am Schluss, wenn es wirklich nicht mehr anders geht, werden die kleinen Anlagen abgeworfen. Das ist so problemlos machbar. Ganz abgesehen davon haben die heutigen Wechselrichter Einstellungen, die der Netzstabilität dienen. Andere Netzbetreiber wie die grosse BKW verlassen sich komplett auf sogenannte Q(U) und P(U) Einstellungen, die die Blind- und Wirkleistung abhängig von der Spannung setzen, also den Stromexport bei Netzschwankungen drosseln, bei Netzstörungen einstellen.

Bei der ae.n zusätzlich benötigte externe Steuerung

Wie ausserdem vor kurzem bekannt geworden ist, können alle Wechselrichter der Firma Sofar (welche wir bei SolAar neben Huawai vor allem einsetzen), keine 16-stufige Leistungssteuerung, wie sie die ae.n verlangt, nur eine vierstufige, mit Zusatzaufwand eine achtstufige. Man lasse sich das auf der Zunge zergehen: Im weltweiten Einsatz wurde eine 16-stufige Leistungssteuerung bisher für Sofar-Wechselrichter noch nie benötigt, das bei Millionen Installationen von Wechselrichtern. Die ae.n Olten ist also auch weltweit Spitze in der Energiebürokratie, nicht nur in der Schweiz!

Alleine durch diese einzelne PVA-Anschlussbedingung entstehen Zusatz-Kosten für unsere Sofar-Wechselrichter-Kunden in Olten, weil man die 16-stufige Ansteuerung extern nachbilden muss. Die Software dazu existiert noch nicht, sie muss noch entwickelt werden.

Zusätzliche Kosten total einmalig: 10000 CHF
Zusätzliche Kosten pro Installation nur für die Leistungssteuerung: 2800 CHF

Was kann man dagegen tun?

Wir (ein paar Grüne Region Olten und Olten jetzt) Politiker leiten Mitte August 2023 gegen die SBO/ae.n Olten bei der ELCOM (Eidgenössische Elektrizitätskommission) eine Anfrage für ein Verfahren zur Überprüfung der TAB EEA auf ihre Verhältnismässigkeit beim Schlüsselschalter und der 16-stufigen Leistungssteuerung ein.

Wir gehen davon aus, dass die ELCOM auf die Anfrage eintreten wird und eine offizielle Untersuchung dazu aufgleisen wird.

Da dies unter Umständen für die unterliegende Partei mit erheblichen Kosten (3000-10000 CHF) verbunden ist, machen wir dann dazu ein öffentliches Crowdfounding. Ebenfalls wurden die Branchenverbände (VESE und SSES-BESO) wegen einer Mitfinanzierung angefragt.

Falls wir jedoch gewinnen, wird das gesammelte Geld Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières gespendet.

Artikel im Oltner Tagblatt

Für diejenigen, die mehr dazu wissen wollen: Zum Thema kam auch im OT ein Artikel vor kurzem:

https://www.oltnertagblatt.ch/solothurn/olten/erneuerbare-energie-einige-tausend-franken-mehr-weshalb-solaranlagen-in-olten-teurer-sind-als-anderswo-ld.2489016



0 Kommentare zu “Oltner Energiebürokratie

Kommentar verfassen

%d Bloggern gefällt das: